Der ADAC und ÖAMTC haben sich mit
autonomen, nachrüstbaren Energieversorgungs- und Speichersystemen befasst, um einen Leitfaden zur sinnvollen Erweiterung von
Reisemobilen oder Caravans zu liefern. Zu Beginn gilt es zu ermitteln, wieviel Energie erzeugt werden soll, Camper müssen
also wissen, welche elektrischen Verbraucher sie an Bord versorgen wollen. Die Tabellen unten zeigen zwei Beispiele, wie rasch
auch kleine Elektrogeräte den Energiebedarf in die Höhe treiben können. Und der Kühlschrank sollte wohl auch mitversorgt werden,
wenn schon eine so stattliche Investition ansteht.
Für jene, die sich hier nicht wiederfinden, haben wir einige Faustformeln:
•
Die nutzbare Batteriekapazität sollte mindestens für drei Tage reichen.
• Die Spitzenleistung der Solarmodule in
Watt peak sollte doppelt so hoch sein wie die nutzbare Batteriekapazität in Amperestunden.
• Die Solarmodule sollten
den Batteriesatz an einem Sonnentag vollständig laden können
Schon mit einem günstigen Energiemessgerät,
welches zwischen das Anschlusskabel und der Steckdose am Campingplatz platziert wird, erhält man einen guten Eindruck über
die benötigte Versorgungsleistung. Die in den meisten bewohnbaren Fahrzeugen vorhandene Zusatzbatterie wird in der Regel direkt
von der Lichtmaschine des Fahrzeugs geladen und die macht ohne zusätzliche Regler keinen
Unterschied zwischen den angehängten Batterien. Durch die großen Leitungslängen „verhungert“ die Zusatzbatterie oft,
auch wenn der Motor lange läuft. Wer dieses Problem schon hatte, kann die Batterie mit einem externen Ladegerät am Reiseziel
laden oder besser in der Nähe der Versorgungsbatterie(n) einen sogenannten Lade-Booster einbauen. Er kompensiert die Leitungslängen
und holt so während der Fahrt das Maximum aus der Lichtmaschine des Autos.
Wollen die Campenden mehr Unabhängigkeit vom 230-Volt-Netzstrom am Platz oder gibt es etwa gar keinen Strom, stehen mindestens drei Möglichkeiten zur Verfügung. Die erste (banale) Variante ist eigentlich aus Umweltschutzgründen inakzeptabel (meist verboten): einfach den Motor laufen lassen, bis die Batterien voll sind. Nicht viel besser, aber auf manchen Plätzen erlaubt: Ein kleiner Generator liefert den Strom für die wichtigsten Verbraucher. In Wahrheit ist auch das nur eine unpraktische und laute Notlösung, da die meisten Reisemobile mit Diesel, die kompakten Generatoren jedoch mit Benzin betrieben werden.
Die Variante der Gegenwart sind Powerstationen, am besten kombiniert mit mobilen Solarpaneelen. Nur hier wird leise und umweltfreundlich Energie gebunkert, natürlich nur untertags bei schönem Wetter. Der Vorteil der Powerstationen, die heute nicht mehr mit Bleibatterien, sondern mit Lithium-Eisenphosphat-Akkus bestückt sind, liegt in ihrer Vielseitigkeit und Sicherheit. Während dem Fahren laden? Kein Problem! Vor Ort am Netzstrom laden? Kein Problem! Solarpaneele, Windrad oder sonstige Energiequellen zum Laden anzuschließen, stellt auch keine Herausforderung dar. Und auch der Einsatz in anderen Fahrzeugen oder beim Zelten ist so möglich. Einzig die recht stattlichen Preise bei überschaubaren Energieinhalten könnten abschrecken, dafür erspart man sich eine Menge Installationsmaterial, riskiert keine Fehlinstallationen und der Energiespeicher ist nicht nur an ein Fahrzeug gebunden. Wenn auch die Solarpaneele mobil sind, erhöht dies die Chance, mehr Sonnenenergie zu tanken. Das Reisemobil kann etwa unter einem Baum geparkt werden, die Paneele werden dann nach dem günstigsten Sonnenverlauf am Platz positioniert.
Bei Kompaktsolaranlagen sollte immer auf monokristalline Zellen geachtet werden, sie kosten etwas mehr, verfügen aber über einen höheren Wirkungsgrad. Für Häuslbauer weniger interessant, für Camper aber nicht unbedeutend kann der Begriff „bifaciales Solarpaneel“ sein: Diese Teile werden frei aufgestellt und können auch auf ihrer Rückseite aus Streulicht noch Energie gewinnen.
Wem das bisher Gelesene schon zu kompliziert erscheint oder wer noch nie mit Elektroinstallationen zu tun hatte, muss jetzt nicht mehr weiterlesen. Oder man hat einen Elektriker im Freundeskreis. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, einer Festinstallation von Energiespeichern, und die Solarpaneele finden auf den großen Dächern von Caravans oder Reisemobilen reichlich Platz. Dennoch: Pro 1000 Watt Ladeleistung muss schon mit 10 Quadratmetern Fläche kalkuliert werden, für 2 Kilowatt Ladeleistung benötigt man also schon ein stattliches Wohnmobil. Realistisch ist wohl mit Leistungen von maximal 400 Watt zu kalkulieren, mehr wird sich auf den gängigen Mobilheimen wohl nicht realisieren lassen. Das Gewicht der Paneele und der zusätzlichen Speicher reduziert schließlich die ohnehin schon spärliche Zuladung.
Schaltbild: Die hier braun (Leiter) und blau
(Neutralleiter) eingezeichneten Leitungen stellen das 230-V-Netz dar. Diese Leitungen und deren Verbinder müssen abseits der
12-V-Installationen verlegt und hermetisch isoliert und berührungssicher ausgeführt werd
Vom Mini-Akku für Handy und Laptop, bis zur
mobilen Energiestation ist alles zu bekommen. Auch mehrere kleine Akkus können die Lösung für die Familie darstellen.
Saubere Installation: leicht entflammbare Oberflächen
werden vermieden. Es entsteht kein Kabelsalat
ADAC Grafik zum Spannungsabfall
Bei der Verlegung der Kabel sollte darauf geachtet
werden, die Leitungswege so kurz wie möglich, dafür die Leitungsquerschnitte großzügig zu bemessen. Dünne Leitungen kombiniert
mit billigen Klemmen erhöhen das Risiko für Kabelbrände. 12-Volt- und 230-Volt-Leitungen müssen getrennt voneinander geführt
werden, hier darf keinesfalls ein Kontakt entstehen. Sollte der Solarladeregler nicht Teil eines Sets sein, sondern alle Komponenten
maßgeschneidert konfiguriert werden, ist es besser auf MPPTRegler (maximum power point tracking) und nicht auf PWM-Regler
(pulse width modulation) zu setzen. Die Preisunterschiede sind bei den geringen Leistungen noch zu verkraften und die MPPT-Regler
liefern auch bei Schlechtwetter oder Schatten noch immer Strom ab. Sollte das Reisemobil oder der Caravan noch nicht über
einen Batterie- bzw. Energiemonitor verfügen, muss dieser auch nachgerüstet werden. Nur so erhält man die Kontrolle über die
eingespeiste Energiemenge und den Ladezustand. Wollen die Bewohner nicht auf Haushaltsgeräte
verzichten, oder sind einige Geräte nur mit Wechselstrom zu betreiben, fehlt noch eine wichtige Komponente: Der Wechselrichter,
ein Spannungswandler, macht aus 12-Volt-Gleichstrom 230-VoltWechselstrom. Es sind auch hochwertige Sinuswandler erhältlich,
die bidirektional funktionieren und so auch das Laden der Batterien übernehmen können, wenn das Fahrzeug am 230-V-Netz angeschlossen
wird.
Wer Platzprobleme hat oder nicht so komplexe Installationen durchführen möchte, löst mit einem
Solar-Hybridwandler alle Aufgaben in einem Gerät. Die Gemeinsamkeit aller genannter Komponenten: Sie übertragen viel elektrische
Energie und können damit ganz schön warm werden. Die Gehäuse sollten immer über einen Luftspalt zwischen Boden oder Wand verfügen
und nicht an Textil-, Filz-, oder ähnlichen bewährten Flächen montiert werden. All diese Installationen sind nichts für Hobbybastler
und es sollte immer im Hinterkopf behalten werden, dass die meisten Fahrzeugbrände vom elektrischen System ausgehen. Bei Elektrikumrüstungen
ist also höchste Sorgfalt Pflicht.
Die Empfehlung des ÖCC an alle Camper: Belassen Sie die Elektroinstallation
ehestmöglich auf Serienstand und wählen Sie nur Speicherund Versorgungskomponenten, die über Stecker oder wenige Schnittstellen
mit dem Fahrzeug verbunden werden können. Nur wenn das Fahrzeug ohnehin neu aufgebaut oder überholt wird, macht eine fachgerechte
individuelle Festinstallation Sinn.
Text: Stefan Kerbl
Fotos: Stefan Kerbl, Sabine Fuss, Fraron, Poweroak, ÖAMTC, ADAC
Ein Artikel aus der Camping Revue 4/2023.
Die Camping Revue erhalten Sie als Mitglied des ÖCC 6 mal im Jahr kostenlos nach Hause geliefert.
Text: Stefan Kerbl
Fotos: Stefan Kerbl, Sabine Fuss, Fraron, Poweroak, ÖAMTC, ADAC
Ein Artikel aus der Camping Revue 4/2023.
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