Zauberhauft Korsika

Insel der Schönheit
© Norbert Eisele-Hein
Nur 83 km trennen die 183 km lange französische Insel vom italienischen Festland. Korsika besteht zu einem Drittel aus Strand und zu zwei Drittel aus Felsenküste. Am besten fährt man jedoch mit dem Wohnmobil kreuz und quer durch das „Gebirge im Meer“, um Natur und Kultur richtig zu erleben. 
Das Dörfchen Nonza thront gut 200 Meter über steil ins Meer abfallenden, schwarzen Felsen. Prunkstück dieser 200 Seelen Gemeinde ist der zinnengekrönte Wehrturm. Als die Franzosen diesen wuchtigen Turm im Jahre 1768 belagerten,wurden sie aus sämtlichen Schießscharten heftig beschossen. Dem französischen Kommandanten wurde es mulmig. Er versprach der Besatzung des Turms ehrenvollen, freien Abzug. Daraufhin erschien der greise Korse Iacopo Casella. Allein, aber bis an die Zähne bewaffnet. Über ein raffiniertes System von Seilzügen hatte er sämtliche Gewehre bedient. Die Franzosen waren beeindruckt. Sie hielten ihr Versprechen und ließen den Helden ziehen. 

Gebirge im Meer


Dies ist nur eine kleine historische Anekdote. Sie zeigt uns aber, wie wehrhaft die Korsen sind. Ebenso wehrhaft zeigt sich das Relief Korsikas. Mit gerade mal 180 Kilometer Länge und einer maximalen Breite von 60 Kilometer stellt Korsika an sich ein eher bescheidenes Inselchen dar. Aber die stark zerklüftete Westküste mit ihren tief eingeschnittenen Fjorden und das ausnahmslos bergige Inland sorgen für ein ständig rotierendes Lenkrad. Auch die Bremsen werden von dem „Gebirge im Meer“ – so ein weiterer Kosename Korsikas – pausenlos gefordert. Klein, aber oho! Den Schwitzflecken vom ständigen Kurbeln steht ein wahres Sammelsurium bizarrer Landschaftsformen, einzigartiger Kulturschätze und gastfreundlicher Menschen gegenüber. Korsika – ein Minikontinent mit maximalen Tourenmöglichkeiten für Camper.
 

Entlang der Westküste


Obwohl sich die Küste immer noch außer Sichtweite befindet, liefert ein günstiger Wind bereits den ersten Vorgeschmack dieser vielgerühmten Insel. Der Duft der blühenden Macchia, der einst schon Napoleon, den wohl bekanntesten Spross Korsikas berauschte, ist schon auf der Fähre zu schnuppern. Endlich auf der Insel gesellt sich zu diesen ersten Eindrücken ein wahrer Reigen weiterer Wohlgerüche. Am Markt, nahe dem alten genuesischen Hafen Bastias, sorgen riesige Schinken, kunstvoll aufgeschichtetes Obst und Gemüse und natürlich der berühmte korsische Käse für eine würzige Note. Schnell den frischen Proviant verstauen und los geht’s! Cap Corse: Wie ein mahnend erhobener Zeigefinger erstreckt sich der nordöstliche Teil der Insel. Das Kap gilt als kleines Abbild Korsikas. Hier finden sich alle Landschaftstypen Korsikas en miniature: Ein Gebirgsrücken durchzieht die Halbinsel von Nord nach Süd, es gibt schroffe Küstenabschnitte im Westen und einsame Sandstrände im Osten. Die 140 Kilometer lange Umrundung des Kaps bietet den optimalen Einstieg für eine längere Tour. Freundliche Fischerdörfer, mittelalterliche Festungen, Kirchen und Klöster und die sehenswerten genuesischen Turmruinen von Morsiglia und Nonza entschädigen reichlich für diese Extrakilometer. Die Straße schlängelt sich langsam hinunter zum Golf von St.Florent. Nach St. Florent zielt die Straße durchs Inselinnere und durchquert Korsikas einzige Wüste, die Désert des Agriates. Keine eintönige Wüste im herkömmlichen Sinne: Riesenhafte Steinbrocken und der wilde Wuchs der Macchia formen diese gottverlassene Landschaft. Auf 40 Kilometern begegnen uns gerademal drei Autos. 
 

Calvi, das Meisterwerk genuesischer Baukunst


Der rötlich schimmernde Granit winziger Inseln kündigt den Badeort Ile Rousse an. Nur 20 Kilometer weiter liegt in einer herrlichen, von Bergen umrahmten Bucht, Calvi. Das tiefblaue Meer bietet einen umwerfenden Kontrast zu den verwitterten Ziegeldächern der Altstadt und zu den oftmals bis zum Hochsommer schneebedeckten Bergen. Calvi streitet sich seit jeher mit mehreren Städten Italiens und Spaniens um die Ehre, die Geburtsstadt von Christoph Kolumbus zu sein. Am weitesten verbreitet ist jedoch die Annahme, dass der berühmte Seefahrer in Genua geboren wurde. 1794 bissen sich die Engländer beim Versuch Calvi einzunehmen an diesem Meisterwerk genuesischer Baukunst die Zähne aus. Lord Nelson verlor dabei sein „legendäres“ Auge und trug fortan eine Augenklappe.
 

"Es gibt wohl keine andere Insel, die so viele Landschaftstypen, Berge und Meer so wunderschön  kombiniert."


 

Napoleon und Hinkelsteine


Ajaccio, die Hauptstadt Korsikas, brüstet sich vornehmlich mit der Tatsache, der Geburtsort Napoleons zu sein. Somit scheint es keineswegs verwunderlich, dass die Souvenirbranche Kapriolen schlägt. Das Konterfei des Feldherrn wurde sogar auf einer Klobürste verewigt. Porticcio, Aqua Doria,Porto Pollo: Die Küstenstraße mit ihrem unaufhörlichen Steigungen sorgt für einen minimalen Kilometerschnitt aber bestes Live-Landschafts-Kino. Wir folgen dem Flusslauf des Taravo bis zu den Ausgrabungsstätten von Filitosa. Ein mystischer Ort. 5.000 Jahre alte Menhire, mannshohe Steinfiguren mit angedeuteten Gesichtszügen und Schwertern liegen verstreut im Gelände. Die phallusähnlichen Menhire sind seit „Asterix und Obelix“ bestens bekannt unter dem Namen „Hinkelsteine“. Es ist eine einzigartige Kultstätte aus dem Megalithikum.

Sante und die Kalkfelsen Bonifacios


Nach Ansicht des berühmten Romanciers Prosper Merimée ist Sartene „die korsischste Stadt Korsikas“. Strenge, dunkle Häuserfronten, ein Gewirr aus Gassen, Stiegen und verschwiegenen Plätzen. Im 19. Jahrhundert tobten hier Clanfehden, und die Vendetta, die berüchtigte Blutrache, raffte einen Großteil der männlichen Bevölkerung dahin. Heute sitzen die Alten am Place de la Libération friedlich bei einem Pastis zusammen.  Die vielbestaunten Kalkfelsen Bonifacios, direkt an der Südspitze Korsikas, steigen überhängend an die 100 Meter aus dem Meer empor. Die letzten Häuserzeilen sind bis an den Rand der Steilküste gebaut und werden wohl in gar nicht so ferner Zeit, wenn Wind, Salzwasser und Flut die Klippen weiter aushöhlen, in die brandende See abrutschen. Die schön geschwungene Teerstraße zur Bucht von Santa Amanza und dem Leuchtturm am Capo Pertusato offenbart ein paar abgelegene Badebuchten mit einsamen Sandstränden. Dies ist ein Geheimtipp für Windsurfer, denn der Wind bläst hier selten unter fünf Beaufort. Am höchsten Punkt der Klippen, direkt bei einer alten Bunkeranlage, gibt es für Schwindelfreie direkt am Abgrund einige abenteuerliche Stellplätze. Der Blick nach Sardinien ist atemberaubend.

Traumstrände des Ostens


Die Westküste ist wild zerklüftet und landschaftlich ein Traum. Doch Kinder und Beifahrer werden bei der unendlichen Kurverei häufig grün im Gesicht. Die Ostküste ist lieblicher. Die autobahnähnliche N 198 reiht zahlreiche, gut zugängliche Weltklasse-Badebuchten wie an einer Perlenkette aneinander. Dies ist die klar komfortablere Alternative für den unbeschwerten Familienurlaub. Palombaggia ist so ein Bilderbuchstrand. Halbmondförmig eingekerbt, goldgelber Sand, hellblaues badewannenwarmes Wasser. Der Parkplatz im nahen, schattigen Pinienhain ist fest in der Hand von Wohnmobilisten. Ausstattung und Preis sind bescheiden. Aber der Patron unterhält einen Frühstücksservice: Baguette, Pain au Chocolat, Croissants, Milch und Butter werden morgens pünktlich an die Tür geliefert. Ach, kann das Leben herrlich einfach sein! Die Bucht von Rondinara, der Golf von Santa Giulia, die Cala Rossa, der Golf von Pinarellu: Die Ostküste bietet serienweise paradiesische Badeplätze für kleine Piraten.

Da fällt der Abschied schwer, aber nach bald 1.000 Kilometern verschwindet unser Wohnmobil wieder im Bauch der Fähre. Die Signalpfeife ertönt, die Fähre nach Livorno legt ab. Noch einmal atmen wir diese unvergleichliche Luft Korsikas ein. „Kalliste“, die Insel der Schönheit, wie die Griechen Korsika nannten, hat ihrem Kosenamen alle Ehre gemacht.
 

 

Beste Reisezeit: Im Frühling ist der Kontrast zwischen der blühenden Macchia und den schneebedeckten Bergen am schönsten. Im Hochsommer zwingen die Temperaturen häufig zum Pausieren, Hitzegewitter sind nicht selten und die Campingplätze oft voll. Im Herbst stabilisiert sich das Wetter und die Färbung der Kastanien- und Buchenwälder hat ihren eigenen Reiz. Beste Monate: Mai/Juni, September/Oktober

Anreise: Auto/Fähre: von Frankreich: Marseille, Toulon, Nizza und Italien: Savona, Genua, La Spezia, Livorno nach Calvi, Bastia, Ajaccio, Propriano und Ile Rousse.

Info
Tourismusbüro www.visit-corsica.com
Campingplätze  





Zentral: Tuani, hoch über Corte direkt am
Restonica-Fluss, grandiose Badegumpen,
herrlicher Baumbestand, nicht für
Gespanne geeignet.
www.camping-corte.com

Süden: Des Îles, günstiger Standort für
die Südspitze bei Bonifacio, nahe zu den
top Stränden und nur fünf Kilometer
zur Altstadt von Bonifacio, großer Pool
www.camping-desiles.com
 
Osten: U Pirellu, terrassierter Platz
mit tollem Pool, nur 5 Kilometer zum
Traumstrand von Palombaggia.
www.camping-palombaggia.corsica
 
Westen: Les Oliviers, Ota bei Porto,
Luxus-Camping mit Fitness, Poolanlage,
usw. nicht für Gespanne und größere
Camper geeignet.
www.camping-oliviers-porto.com
 
Norden: L’Isolottu, gute Basis für
das Cap Corse, einfach, aber netter
Service, Zugang zum kristallklaren Meer
(Achtung: Badeschuhe, viele Muscheln).
www.isulottu.fr

Autor: Norbert Eisele-Hein
Bilder: Norbert Eisele-Hein
Grafik: Christian Jakl

Ein Artikel aus der Camping Revue 4/2022.
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